Karl Hanzl geht in der Saison 2020/21 in sein 50. Jahr als verantwortlicher Funktionär für Volleyball beim Wiener Traditionsverein Sokol. Er war als Spieler bis in die höchste heimische Spielklasse im Einsatz, als Trainer für Vereinsmannschaften und Junioren-Nationalteam verantwortlich. Dazu war er lange Jahre als Funktionär im Österreichischen Volleyballverband (ÖVV) tätig, dem Mitteleuropäischen Volleyballverband (MEVZA) steht er aktuell als Präsident vor. TJ Sokol Wien V bat zum – örtlich getrennten – Gespräch:

Sokol: Sie sind seit 50 Jahren im Volleyballsport engagiert, gab es in ihrer bisherigen Zeit eine vergleichbare Situation?
Karl Hanzl: Mit der aktuellen Situation habe ich bis dato nichts Vergleichbares erlebt. Existenziell schwierige Perioden gab es immer wieder einmal. Aber diese Krise hat eine andere Dimension, da sie alle Lebensbereiche, privat und beruflich, voll erwischt.

Sokol: Welche Auswirkungen hat die derzeitige Situation auf den Verein?
KH: Der Verein wird vor allem als Gemeinschaft aufgewertet. In kritischen Zeiten bekommen Werte wie Fairness und Hilfsbereitschaft eine hohe Bedeutung. Konkrete Auswirkungen sind noch  nicht absehbar, das wird man erst am Ende der Krise beurteilen können.

Sokol: Wie können sich die Spielerinnen und Spieler jetzt fit halten?
KH: Die Trainer aller Bereiche sind mit ihren Spielern in Kontakt und haben Individualprogramme entwickelt. Den acht bis sechzehnjährigen – 150 Jugendliche – schenken wir jetzt je einen Volleyball zum alleinigen Üben daheim. Wir setzen auch aktuell unseren im Vorjahr eingeschlagenen Weg der Entwicklung junger Spielerinnen und Spieler fort.

Sokol: Und wie kann das Mannschaftsgefüge aufrecht erhalten werden?
KH: Durch ständige Kommunikation. Trainer und Betreuer kommunizieren laufend via Telefon, Email und natürlich Videotelefonate. Die Spielerinnen und Spieler dazu noch über die sozialen Medien. Inner- und ausserhalb der Vereinskanäle.

Sokol: Und wie sehen Sie die Auswirkungen auf den Volleyballsport in Österreich insgesamt?
KH: Ich befürchte, dass die Vereine durch die Finger schauen werden. Wir Vereine werden es ohne Bundesmittel schaffen müssen. Wir werden die kommende Saison auf dem organisatorischen und sportlichen Niveau des letzten Jahres absolvieren können. Wie weit dies für andere Vereine gilt, wage ich nicht abzuschätzen.

Sokol: Die Meisterschaft ging mit einem Endklassement aber ohne offiziellen Meistertitel zu Ende. Einen zeitlichen Fahrplan für die Rückkehr zur sportlichen Normalität gibt es noch nicht. Kann bzw. wird trotzdem schon für die nächste Saison geplant?
KH: Das Ende der Saison – auch so früh wie jetzt – ist notwendigerweise Beginn der neuen Saison. Wir setzen auf Toptrainer und bieten damit von der „Ersten“ bis zu den Achtjährigen beste pädagogische und sportliche Qualität. Bei den Damen war und ist es unser Dreamteam Zuzana Tlstovicova/Tereza Soukup/Eva Brodyova/Erkan Togan. Bei den Herren kehren Jirka Siller und Miro Palgut zum Verein zurück. Palgut kommt vom österreichisch/deutschen Bundesliga Verein Alpenvolleys Tirol, Siller vom tschechischen Extraligateam Odolena Voda. Auch im Organisationsteam haben wir neue Kräfte. Florian Weikert wird noch mehr Zeit als technischer Leiter dem Verein widmen. Sportlicher Leiter wird Aleks Jovanovic. Im Moment wird der Kontakt über Telefon und Videokonferenzen aufrechterhalten. Das war auch ein wichtiges Zeichen an Sportler und Eltern, um die Motivation zu Hause und beim Einzeltraining aufrecht zu erhalten.

Sokol: Also beim Betreuer- und Organisationsteam der Herren wird ordentlich verstärkt, wie wird es bei Damen und Herren am Feld aussehen?
KH: Wir hoffen alle Spielerinnen und Spieler halten zu können und weitere junge Talente in der Bundesliga entwickeln zu können. In punkto Legionäre halten wir es wie in den letzten beiden Jahren: Wenn jemand zu uns will, das Team spielerisch und menschlich signifikant verstärkt, dann schauen wir uns das natürlich genau an. Groß auf die Suche machen wir uns nicht. Schon gar nicht unter den aktuellen Rahmenbedingungen und Unsicherheiten.

Sokol: Wie schauen die sportlichen Ziele für die kommende Saison bei den Damen bzw. den Herren aus? (Vorausgesetzt, die gesundheitlichen Rahmenbedingungen lassen einen regulären Meisterschaftsbetrieb zu.)
KH: Bei den Damen soll es auch nächstes Jahr ein Medaillenplatz werden, mit dem Ziel 2021/22 wieder ganz oben zu stehen und den Meistertitel zurück zu holen. Bei den Herren soll nach der heurigen Schnuppersaison in der Bundesliga ein Mittelfeldplatz rausschauen, wir wollen uns wieder in der höchsten Spielklasse etablieren.

Sokol: Danke für das Gespräch!

Fotocredit: Dapetykaan – Peter Eichstädt (Archiv 2017)